Hauptversammlung 1975 des Harzer Verkehrsverbandes in Osterode am Harz

6.12.1975: Hauptversammlung 1975 des Harzer Verkehrsverbandes in Osterode am Harz

Landschaftsrahmenplan für den Harz von Fremdenverkehrsexperten heftig kritisiert 

Vor der eigentlichen Hauptversammlung 1975 des Harzer Verkehrsverbandes in der neuen Stadthalle zu Osterode am Südharz hatte der Verband zu einer Arbeitstagung eingeladen. Die beiden Referate „Der Landschaftsrahmenplan Naturpark Harz und die Entwicklungsmöglichkeiten für die Fremdenverkehrswirtschaft“ von Prof. Dr. H. Wilhelm, Direktor des Instituts für Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Braunschweig, sowie *Die Deutsche Bundesbahn und der Tourismus“ von Dezernent Dr. H. Weber Bundesbahndirektion Hannover, hatten für sehr guten Besuch der Rahmen Veranstaltung gesorgt. 

In seiner Begrüßungsansprache stellte der Vorsitzende des HVV, OKD Erhard Müller aus Goalar heraus, daß nach den Untersuchungen bekannt geworden sei, bei den der Erholung dienenden Landschaftsformen sei in der Beliebtheitsskala der Touristen das Mittelgebirge unter den vordersten Plätzen zu finden. Für den HVV sei es beruhigend zu wissen, daß die Präferenz für das Mittelgebirge einen herausragenden Platz einnimmt und, zumindest in den letzten fünf Jahren keinen Schwankungen unterlag. Es bedürfe aber besonderer Anstrengungen des Harzes, wenn er sich in diesem Kreis behaupten will. Das Kur-, Erholungs- und Freizeitangebot des Harzes stützt sich auf die Landschaft. Aus der natürlichen Ausstattung des Harzes ergeben sich die verschiedenen Aufgaben von Teilgebieten des Gebirges, aber auch die Funktionen des Harzes insgesamt für die Volksgesundheit und die Erholung. 

Die Abhängigkeit des Harzer Fremdenverkehrs von der Landschaft sei offenkundig. Der Fremdenverkehr habe erhebliche Bedeutung für die Wirt schaft in diesem Raum, somit sei die Wirtschaft des Harzes auch von der Landschaft abhängig. 

In seinem Referat ging der Braunschweiger Professor Dr. Wilhelm dann konkret auf die Bedeutung des schon viel diskutierten Landschaftsrahmenplan ein. Mit wirtschaftswissenschaffentlicher Gründlichkeit nahm er zu den für den Fremdenverkehr einschneidenden Maßnahmen in diesem Rahmenplan Stellung. Zusammengefasst legte er dar, daß es gelte schon den Anfängen einer Beeinträchtigung des wirtschaftlich wichtigen Fremdenverkehr im Harz zu wehren. Neue „unberührte” Gebiete im Harz würden die *fremdenverkehrswirtschaft schwer belasten. Für die Volksgesundheit sei eine Steigerung der Fremdenverkehrszahlen um ein Drittel wichtig. 

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Eine Ausdehnung der Saison im Harz für Erholungssuchende sei unerläßlich. Dazu müsse eine Öffnung des Harzes für den Fremdenverkehr und nicht eine Einengung erwartet werden. Eine Verdammung des Autos aus demHarz würde eine Ausweisung des „liebsten Kindes“ der Bundesbürger gleich kommen und schwere Einbußen in der fremdenverkehrswirtschaft des Harzes hervorrufen. Bevor der nicht mit dem Harzer Verkehrsverband abgesprochene Landschaftsrahmenplan Naturpark Harz Gesetz werde, müßten gerade die Harzer auf die Bedeutung ihrer Wirtschaftskraft zur Erhaltung des Erholungswertes der Landschaft hinweisen. 

Starker Beifall unterstrich die Zustimmung, die alle Mitglieder des HVV und ihre Gäste den Ausführungen von Professor Wilhelm gaben. 

Für den Referenten der Deutschen Bundesbahn, Dezernent Dr. H. Weber von der DB-Direktion Hannover, war es schwer, einmal auf die Bedeutung des Tourismus nur die Bahn (20% vom Gesamterlös) hinzuweisen und dabei im 140.Jahr der Eisenbahngeschichte auf die Stillegungen unrentabler Strecken nicht vorbeireden zu können. Konkret ging es um eine der schönsten Eisenbahnstreckenabschnitte von Goslar über Wildemann nach Altenau. 

Von den Bundesbahn-Pauschalreisen, die zur Zeit noch weiter ausgebaut werden sollen, sei der Verkauf mit 504 für den Harz sehr erfreulich. Der Harz bilde auch bei den Ausflugsreisen der Bahn wegen seiner Anziehungskraft einen großen Anteil. 

Samtgemeindedirektor Dr. Linde aus Clausthal-Zellerfeld sprach in der Diskussion schon als kommender Bundestagspolitiker der SPD für den Harz in Spe und will die Eisenbahnstrecke Goslar-Altenau mit seinem Nostalgie-Wext subventioniert erhalten wissen. 

Landtagspräsident von Niedersachsen, Muller (CDU) war der Meinung, bei, Stillegungen zunächst die Bedeutung der betroffenen Gebiete für die Gesamtwirtschaft zu untersuchen. Man könne nicht für viel Geld irgendwo im Leinetal eine Schnellbahntrasse für Durchgangszüge bauen und davon dann alle Zugangsstrecken zum Harz abschneiden. 

Erfreulich war, daß in Osterode auch auch mehrere führende Harzer Gastronomen beim HVV, teils als Mitglieder, teils als Gäste waren. Aus dem Braunschweigischen Verband erklärte nach Anhören der wichtigen Referat die Familie Holste aus Schulenberg spontan ihren Beitritt als Einzelmitglied zum HVV, Vizepräsident Bruno Ziermann aus Duderstadt und Geschäftsführer Wilhelm Hulsch unterstützten den Harzer Verkehrsverband bei der Werbung auf der kommenden ITB in Berlin durch Übernahme einer Dia-Großfläche. Das Harzer Angebot der Gastronomie wird hierbei wirkungsvoll für über 1.200 DM Kosten herausgestellt. H.A. 

Blick in die neue Stadthalle von Osterode während des Referats von Prof. Dr. Wilhelm (rechts) Prof. Dr. Wilhelm 

Fotos: Bilderdienst. H. Ahrens, Bad Harzburg