Die Kyffhäuser-Sage
Durch einen Zauber wurde der Kaiser Friedrich Barbarossa in ein unterirdisches Schloss des Kyffhäuserberges in Thüringen gebannt. Dort sitzt er schlafend auf einem Elfenbein-Thron, das Haupt auf einen Marmortisch gestützt und sein roter Bart wächst um den Thron herum. Um ihn herum hüten Zwerge die Schätze des Kaisers. Alle einhundert Jahre blinzelt Barbarossa, ruft einen Zwerg herbei und heißt ihm, aus dem Berg zu treten und nachzusehen, ob die Raben als Boten von Zwietracht und Unglück noch um den Berg kreisen und krächzen. Tun sie es, versinkt der Kaiser wieder in einen 100-jährigen Schlaf. Sollte aber ein stolzer Adler um den Kyffhäuser kreisen und die Raben verscheuchen, wird der Kaiser mit seinen Getreuen zurückkehren.
Der Stoff, aus dem Balladen sind
Schon zu Lebzeiten war Kaiser Friedrich I., wegen seines roten Bartes Barbarossa genannt, eine sagenumwobene Gestalt. Nach seinem Tod 1190 war es vor allem die Sage vom Friedenskaiser im Kyffhäuser, der wiederkehren und das Reich zu neuer Herrlichkeit führen wird, die populär war. Im Mittelalter sind Fälle bekannt, in denen Hochstapler versuchten, sich als Barbarossa auszugeben. Aber nicht nur die Halbwelt sog Honig aus der Sage. Viele Autoren widmeten sich Barbarossa, an dem auch die Gebrüder Grimm nicht vorbeikamen. Eine berühmte Ballade dichtete Friedrich Rückert:
Der alte Barbarossa,
Der Kaiser Friederich,
Im unterird’schen Schlosse
Hält er verzaubert sich.
Er ist niemals gestorben,
Er lebt darin noch jetzt;
Er hat im Schloß verborgen
Zum Schlaf sich hingesetzt.
Er hat hinabgenommen
Des Reiches Herrlichkeit,
Und wird einst wiederkommen,
Mit ihr, zu seiner Zeit.
Der Stuhl ist elfenbeinern,
Darauf der Kaiser sitzt:
Der Tisch ist marmelsteinern,
Worauf sein Haupt er stützt.
Sein Bart ist nicht von Flachse,
Er ist von Feuersglut,
Ist durch den Tisch gewachsen,
Worauf sein Kinn ausruht.
Er nickt als wie im Traume,
Sein Aug’ halb offen zwinkt;
Und je nach langem Raume
Er einem Knaben winkt.
Er spricht im Schlaf zum Knaben:
Geh hin vors Schloß, o Zwerg,
Und sieh, ob noch die Raben
Herfliegen um den Berg.
Und wenn die alten Raben
Noch fliegen immerdar,
So muß auch ich noch schlafen
Verzaubert hundert Jahr.